1. Worum es geht
Ich sage nicht ohne Grund, dass das vertrauensvolle Einzelgespräch Ihr wichtigstes Führungsinstrument ist und bleibt.
Mitarbeitergespräche sind das beste, einfachste und wirksamste Instrument der Mitarbeiterbindung.
Das Einzelgespräch ist das entscheidende Instrument für Führungskräfte. Es ermöglicht Ihnen, direkten Einfluss auf die Motivation und Leistungsbereitschaft Ihrer Mitarbeiter/-innen zu nehmen und mehr über sie zu erfahren. Selbst introvertierte Menschen öffnen sich im Einzelgespräch eher als in Gruppen.
Schlecht geführte Gespräche hingegen bestärken Mitarbeiter darin, dass es Zeit ist, zu gehen.
Ist das Grund genug für Sie, Ihre Kompetenzen zu überprüfen?
INhalt
2. Diese Schlüsselkompetenzen brauchen Sie als Führungskraft in Mitarbeitergesprächen
Der Kommunikationspsychologe Friedemann Schulz von Thun (1) unterscheidet drei kommunikative Kompetenzen:
Fachlich im Thema sein und seinen Standpunkt klar benennen können
Sie sollten in der Lage sein, Ihre Standpunkte klar zu benennen und komplexe Argumente verständlich darzulegen. Die notwendigen Fähigkeiten der Rhetorik und Dialektik erwerben oder trainieren Sie in Verhaltenstrainings oder einschlägiger Ratgeberliteratur (z.B. „Dialektik für Führungskräfte“ von Rupert Lay oder „Kritisches Denken“ von Jonas Pfister, siehe 4. Trainingsangebote und Literatur )
Eine gute inhaltliche Vorbereitung auf die Themen ist ebenfalls wichtig
Sie haben die für das spezifische Gespräch relevanten Fakten, betrieblichen und gesetzlichen Regelungen parat.
Wenn es z.B. um ein Gehaltsgespräch geht, sind Sie mit den Betriebs- und Tarifvereinbarungen und den betrieblichen Arbeitsweisen vertraut bzw. haben sich dazu in der Personalabteilung informiert.
Geht es um eine Abmahnung, dann wissen Sie, worauf Sie hier aus arbeitsrechtlicher Sicht achten müssen und haben das Schriftstück in einer Entwurfsversion bereits vorbereitet.
In einem Entwicklungs-/Beförderungsgespräch kennen Sie die möglichen beruflichen Schritte in Ihrem Betrieb und auf welche Weise Beförderungen vorbereitet werden. Sie wissen, welche Projekte in Ihrer oder in anderen Teams bzw. Abteilungen geplant sind, die für Ihre/-n Mitarbeiter/-in interessant sein könnten.
In einem Beurteilungsgespräch sind Ihnen die Beurteilungskriterien Ihres Betriebes, Ihre eigenen Leistungserwartungen sowie die mit der Mitarbeiterin getroffenen Zielvereinbarungen geläufig. Sie haben für den gesamten Beurteilungszeitraum sinnvolle und konkrete Beispiele bei der Hand, und Sie können Veränderungsziele bzw. gewünschtes Verhalten konkret und nachvollziehbar erläutern.
Gesprächssteuerung
Sie leiten das Gespräch durch einen klaren Rahmen, eine transparente Agenda, klare Ziele und einen definierten Zeitrahmen. Im Gespräch steuern Sie den Verlauf durch Gesprächstechniken wie Fragen, aktives Zuhören und Zusammenfassungen.
Diese kommunikativen Fähigkeiten sollten Sie regelmässig trainieren, z.B. in diesem Online-Kurs oder mittels Trainingsangeboten Ihres Betriebes.
Zugewandheit und echtes Interesse am Gegenüber
Der dritte von Schulz von Thun benannte Kompetenzbereich heisst „sich interessieren“.
Auch das kann trainiert werden, jedoch ist hier zu beachten, dass Menschen gespieltes „Interesse“ sehr schnell entlarven. Mitarbeiter spüren sofort, ob Sie wirklich gemeinsam mehr erreichen wollen oder ob es nur eine Floskel ist.
Es ist wichtig, dass Sie Ihre Ziele nicht auf Kosten des Gegenübers erreichen wollen. Allerdings bringt Ihre disziplinarische Verantwortung es manchmal mit sich, dass Sie die Möglichkeiten des Mitarbeiters einschränken müssen und nicht alle Bedürfnisse des Mitarbeiters erfüllen können. Hier eine klare Kante zu zeigen, fällt vielen Führungskräften heutzutage schwer. Mitarbeiter/-innen akzeptieren jedoch im allgemeinen die hierarchische Führung als betriebliche Realität.
Finden Sie gemeinsam eine menschliche und betrieblich akzeptable Lösung. Die gute und nachvollziehbare Balance zwischen Durchsetzungsnotwendigkeit und Mitwirkung der Mitarbeitenden ist entscheidend.
3. Ihre mentale Vorbereitung zählt!
Führungskräfte sind oft in Situationen, in denen sie spontan und situativ gut sprechen, agieren und reagieren müssen. Wann immer möglich, nutzen Sie trotzalledem die Möglichkeit, sich auf Gespräche gut vorzubereiten. Das Mitarbeitergespräch zählt zu den Gelegenheiten, wo das gelingen kann. Denn Sie legen Ort, Zeit und Rahmen fest. Und natürlich wird Ihr Gespräch viel besser, wenn auch Ihr Gegenüber über Rahmen, Agenda und Ziele des geplanten Gesprächs gut und transparent informiert wird. Hier beginnt der faire Dialog auf Augenhöhe.
Was bei der Vorbereitung oft vergessen wird, ist die innere mentale Vorbereitung und das Einstimmen auf den Menschen, mit dem Sie sprechen werden.
Klartext reden, Wohlwollen, Gelassenheit und Zuversicht sind dabei die grundlegenden Haltungen, die Sie vor jedem Mitarbeitergespräch überprüfen sollten. Klartext reden bedeutet, das Thema konkret anzusprechen und keine umschweifenden oder unklaren Aussagen zu machen. Wohlwollen gegenüber Ihrem Gesprächspartner ist wichtig, auch wenn es um disziplinarische Verfehlungen geht. Gelassenheit ist entscheidend, um in stressigen Situationen ruhig und besonnen zu bleiben. Und Zuversicht ist wichtig, um Hoffnung und Orientierung auf eine gute Zukunft zu vermitteln.
Die genannten Grundhaltungen können je nach Situation und Gegenüber stark variieren und beeinflussen dann den weiteren Verlauf eines Gesprächs – schon bevor es begonnen hat.
Klartext reden
Sind Sie bereit und in der Lage das Thema konkret anzusprechen?
Nicht drumherum, wischiwaschi, diplomatisch, vorsichtig. Nein, benennen Sie das Thema, so wie es ist.
Ja, stellen Sie sich darauf ein, dass es Reaktionen gibt. Eine harsche Kritik ist für den Gesprächspartner unangenehm. Drumherumreden ist allerdings eine Qual...weil Ihr Gegenüber nicht weiss, was Sie ihm/ ihr nun eigentlich sagen wollten, während Sie davon ausgehen, es sei alles klar.
Klartext reden gilt aber auch außerhalb des Kritisierens als wichtigste Teilaufgabe in Mitarbeitergesprächen. Überprüfen Sie durch Nachfragen, was der/ die Gesprächspartner/-in verstanden hat. So können Sie nachjustieren, falls etwas unklar geblieben ist oder „in den falschen Hals“ gerutscht ist.
Was ja bekanntermassen aufgrund der Sender-Empfänger-Thematik in der Kommunikation nicht selten passiert.
Wohlwollen gegenüber Ihrem/ Ihrer Gesprächspartner/-in
Sind Sie dem/ der Mitarbeiter/-in wohlgesonnen trotz möglicher disziplinarischer Verfehlungen? Oder sind Sie aufgewühlt, verärgert, beleidigt …? Das können Sie überprüfen, indem Sie gedanklich und emotional in die Perspektive der/des Mitarbeiters/in schlüpfen. Wie sieht die Situation aus seiner/ ihrer Sicht aus?
Sobald Sie in diesem gedanklichen Einfühlen in Ihr Gegenüber feststellen, dass Sie
- keines der möglichen Argumente des Gegenübers gelten lassen können,
- verallgemeinern „Der ist so und so“, oder „Das ist typisch“, oder „Das ist schon öfter passiert“,
- persönlich nehmen „Die macht das absichtlich“, „Der will mich ärgern“ oder gar
- angreifen wollen „Wollen mal sehen, wer hier der Herr im Hause ist“, „Das macht der/ die nicht nochmal mit mir“,
haben Sie die sachlich-fachliche Ebene bereits verlassen und bewegen sich in eine Konfliktdynamik hinein.
Gelassenheit
Das scheint eng verknüpft mit dem (mangelnden) Wohlwollen.
Es kann Ihnen aber auch davon unabhängig an Gelassenheit und Ruhe mangeln, obwohl Sie den / die Mitarbeiter/-in sehr schätzen.
Gründe können sein:
- Ihr natürliches Temperament,
- das Brennen für das Ziel,
- Zeit-/ Ergebnis-/ Kundendruck
- Zielkonflikte
- eigener beruflicher oder privater Ärger oder Stress
Die Anforderung an Sie in Ihrer Führungsrolle ist:
Je aufwühlender und kritischer die Situation im Betrieb oder Ihrem Innern ist, umso ruhiger sollte Ihr Auftreten sein. Hektik, Angst, Sorge übertragen sich unmittelbar auf Ihre Mitarbeitenden und verschlechtern deren Leistungsfähigkeit.
Klar, das ist das Gegenteil von „Authentizität“. Dennoch ist das eine Anforderung an jede Führungskraft, meist als „Stressresistenz“, „Belastbarkeit“ oder „emotionale Stabilität“ benannt.
Wenn es Ihnen schwer fällt, Ihren Stress zu managen, trainieren Sie Ihre Stressbewältigung.
So erhöhen Sie die Authentizität, indem Sie innerlich ruhig und gelassen bleiben.
Ein weiterer, häufiger Grund für mangelnde Gelassenheit ist die Unart von Führungskräften, sich ihre Arbeitstage mit Meetings voll zu planen. Planen Sie ausreichend Zeit für die Gespräche und ausreichend Pausen zwischen den Meetings, aber vor allem vor und nach Mitarbeitergesprächen ein. Mit genug Puffer danach können Sie auch mal überziehen, wenn es die Situation erfordert oder haben die notwendige Dokumentation und die Veranlassung relevanter Maßnahmen direkt im Anschluss erledigt.
Zuversicht
Ihre Funktion als Führungskraft ist es, die Lösung von Problemen oder Aufgaben zu fordern, zu fördern oder selbst zu präsentieren. Sie vermitteln Hoffnung und Orientierung auf eine gute Zukunft. Egal, wie verfahren die Situation ist, Sie bringen die Zuversicht in das Gespräch, dass die Themen, das Problem lösbar ist, es wieder besser werden kann. Das ist der wichtigste Aspekt Ihrer Vorbildfunktion.
Auch Führungskräfte dürfen mal ratlos sein. Nutzen Sie dann den Dialog mit Kolleg:innen, der Personalabteilung, Ihrem Chef oder einem externen Coach.
Zuversicht ausstrahlen heißt nicht, dass Sie immer eine Lösung parat haben müssen. Sie können das Gespräch genau für das gemeinsame Sondieren von Ideen nutzen.
Nur den Optimismus, dass wir es schaffen können und schaffen werden, den erwarten Ihre Mitarbeiter/-innen zu Recht von Ihnen!
4. Checkliste für Ihre Vorbereitung
Überprüfen Sie die vier Grundhaltungen vor JEDEM Mitarbeitergespräch!
Gehen Sie ohne persönliche Reflexion in das geplante Gespräch, ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie emotional, unfair oder hierarchisch-autoritär („von oben herab“) aus Ihrer Machtpositon heraus argumentieren und nicht das optimale Ergebnis erzielen.
1. Selbstklärung
- Was sind die Ursachen für meine Emotion, Meinung, Unklarheit usw?
- Welche Fakten/ Informationen sollte ich ggf. noch einholen?
- Wie sieht die Situation aus Sicht der/ des Mitarbeiters/ Mitarbeiterin aus?
- Was ist das beste oder das schlimmste Ergebnis für Ihr Unternehmen, wenn Sie das Gespräch ineffektiv führen, oder gar nicht führen? Also, was passiert, wenn Sie jetzt nichts unternehmen?
- Gibt es ggf. ganz andere Erklärungen, als Sie sie gerade sehen? Welche können das sein?
- Inwieweit ist Ihr Ego involviert? (Status, Macht, Position, Ehrerbietung, Dankbarkeit erwarten, Kränkung, Kritik einstecken können usw.)
2. Alternative Lösungen
- Können Sie das Gespräch verschieben, jemand anderem überlassen, bzw. jemanden hinzunehmen? Welche Auswirkungen hat das?
3. Metakommunikation
- Sprechen Sie Ihr Gefühl, Ihr Befinden aus – betreiben Sie Metakommunikation.
- Stellen Sie im Gespräch sicher, dass Ihr Gegenüber weiss, woran er/ sie ist. Das offene An- und Aussprechen Ihrer Bewertung der Situation, der Emotionen, die das bei Ihnen auslöst, löst oft die Anspannung und Ihr/-e Mitarbeiter/-in und Sie können abseits vom Thema an ihrer Arbeitsbeziehung arbeiten.
- Es ist Zeit und Raum, sich zu entschuldigen, Reaktionen einzuordnen, eigene Schwächen und Fehler einzugestehen oder einzuordnen, die Wichtigkeit einer guten Zusammenarbeit zu beschwören usw.
- Tun Sie das NIE (!), ohne vorher Punkt 1 – Selbstklärung - betrieben zu haben.
5. Trainingsangebote und Literatur
Online-Kurse
Das 3x3 erfolgreicher Mitarbeitergespräche>>
Meisterhafte Entwicklungsgespräche führen>>
Kritikgespräche fair und wirksam führen>>
Selbstlernratgeber
Schulz von Thun, Friedemann, Ruppel, Johannes & Stratmann, Roswitha. Miteinander reden - Kommunikationspsychologie für Führungskräfte. Rowohlt 2003.
Lay, Rupert. Dialektik für Führungskräfte. Econ 2001
Pfister, Jonas. Kritisches Denken. Reclam 2020
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